Die deutsche Künstlerin Tomma Abts (1967, lebt und arbeitet in London, Gewinnerin des Turner Prizes 2006) malt seit Ende der 90er Jahre kleinformatige, abstrakte Acryl- und Ölbilder, die einer strengen Konzeption folgen. Alle Bilder haben ein vertikales Format, eine einheitliche Grösse (38 x 48 cm) und zeigen klar gezogene, oft geometrische Formen. In einem lang andauernden Malprozess – die Künstlerin malt nur wenige Bilder pro Jahr – entstehen die Bilder, deren formale Kompositionen nicht auf Gesehenes referieren, sondern sich aus übereinander gelagerten, vielfach aufgetragenen Farbschichten entwickeln. Jedes Bild ist für Tomma Abts eine malerische Recherche, in welcher jede Phase des Bildes und jede subjektive Entscheidung wichtig wird. Unter den Bildern von Abts liegen so immer mehrere Bilder verborgen, die während des Malprozesses in gleichzeitig destruktiver wie produktiver Weise überarbeitet werden. Die Farben sind in Abts Bilder oft zurückgenommen: Durch ihre Überlagerungen erhalten sie rätselhafte, kühle Tonigkeiten ohne Dunkel zu wirken.
Die vielfachen Farbsedimentierungen enden an einem bestimmten Punkt, von dem Tomma Abts sagt, dass das Bild seine eigene Logik findet. Abts Bilder sind daher nie statische Kompositionen und trotz der formalen Einschränkungen werden sie nie zu einer Serie, sondern sind immer höchst individuelle Bilder: *„Jedes Bild beginnt auf seine eigene Weise und ich weiss nie, wo es hinführt oder wie das Bild am Ende aussehen wird.“ (1) Die Spuren des zeitlichen Bildentstehungsprozess bleiben sichtbar und ermöglichen die Wahrnehmung von Bewegung und Räumlichkeit im Bild. Jedes Detail und jede Form wird gleichwertig behandelt und es wird eine innerbildliche Spannung und Dramatik durch die changierenden Vorder- und Hintergründe, Negativ- und Positivformen, Licht und Schatten aufgebaut. Die abstrakten Formen in den Bildern erinnern entfernt an Ornamente, Diagramme, Gewebe- und Zellstrukturen oder scheinen mit psychedelischen oder grafischen Formen aus der Popkultur verwandt zu sein.
Die enigmatische Wirkung der Bilder wird weiter durch die Titel, die Abts ihren Bildern gibt, verstärkt. Die Titel sind Vornamen – wie zum Beispiel Eerke, Obbe, Diddo, Thiale oder Noeme – die aus einer bestimmten Familie oder einer geografischen Region zu stammen scheinen. Mit dem Akt der Namensgebung verleiht Abts ihren Bildern einen porträthaften, intimen Charakter. Bei der Auswahl der Namen versucht die Künstlerin eine (phonetische) Verbindung zwischen dem Bild und dem Namen herzustellen.Im Oberlichtsaal der Kunsthalle Basel zeigt Tomma Abts 19 Bilder und 8 grossformatige Zeichnungen. Im Gegensatz zu den dichten Acryl- und Ölbildern zeigen die Zeichnungen filigrane und fein gezogene Farb- und Bleistiftlinien auf weissem Grund. Die offenen Figuren, die sich herausbilden, unterstreichen die Flachheit der Zeichnung und den Eindruck von Bildräumlichkeit zugleich.
Die Ausstellung in der Kunsthalle Basel ist die erste grosse institutionelle Ausstellung von Tomma Abts, nachdem sie 2004 im Van Abbemuseum in Eindhoven zusammen mit Vincent Fecteau ausgestellt hat. In den letzten Jahren war Tomma Abts unter anderem in Gruppenausstellungen wie 2004 in „Formalismus. Moderne Kunst heute“ im Kunstverein Hamburg, „2004 Carnegie International“ im Carnegie Museum of Art, Pittsburgh oder 2003 in „deutschemalereizweitausenddrei“ im Frankfurter Kunstverein zu sehen.
(1) Tomma Abts, Interview with John Slyce, in: Flash Art, Oktober 2002, S. 68-69.
Tomma Abts wurde wegen ihren Einzelausstellungen in der Kunsthalle Basel und greengrassi, London für den Turner Prize nominiert.
Zur Ausstellung erschien ein Katalog in Deutsch und Englisch im Schwabe Verlag.
Die Ausstellung wird unterstützt von der Luma Foundation und Hilton Basel.