Die Kunsthalle Basel freut sich, die erste institutionelle Einzelausstellung des kubanischen Künstlers Adrian Melis zu präsentieren.
Im Zentrum der Arbeiten des 1985 in Havana geborenen Künstlers, der seit 2010 in Barcelona ansässig ist, stehen Arbeiter ohne Arbeit, sowohl im sozialistischen wie auch im kapitalistischen Wirtschaftssystem. Sie sind es, die Melis Arbeit als Künstler möglich machen.
Melis‘ frühe Projekte beschäftigten sich mit den Arbeitsbedingungen und mit der desinteressierten Haltung der Angestellten gegenüber ihrer Arbeit in den staatlichen Unternehmen Kubas. Die fehlende Motivation und eine Gleichgültigkeit gegenüber den auszuführenden Tätigkeiten sind verbreitete Symptome, die auf einen Mangel oder einen Verlust von Identifikation mit dem gegebenen politischen und ökonomischen System hinweisen. Normalerweise hängt eine solche Identifikation von dem persönlichen Engagement des Einzelnen ab und beinhaltet einen Glauben oder eine Akzeptanz an eine das System unterstützende Ideologie. Die generelle Unproduktivität, welche typisch für viele kubanische Betriebe ist, wird zum Ausgangpunkt für Melis Beobachtungen, die zur Entstehung und „Koproduktion“ von paradoxen Situationen und Aktivitäten führen und einen Eingriff in die alltägliche Routine der Arbeiter darstellen. Dieser Aspekt seiner Arbeit beinhaltet verschiedene Formen von Verhandlungen mit den Arbeitern über ihre Teilnahme als Performer oder Anbieter von bestimmter Dienstleistungen oder Produkte. In den Ausstellungen von Adrian Melis werden die Ergebnisse seiner Untersuchungen der Arbeitsverhältnisse in Form von Videos, Photographien oder Installationen gezeigt. Diverse Arten von Komplizenschaft und heimlichen Bündnissen unter den Arbeitern – die teilweise auch den Künstler mit einschliessen – spielen eine wichtige Rolle in diesen Projekten, in denen sich Nonkonformität als schwache Opposition zu administrativem und institutionellem Opportunismus manifestiert.
In seinem Production Plan of Dreams for State-run Companies in Cuba (2010-2012), bat der Künstler Arbeiter kubanischer Unternehmen, welche er als „besonders anfällig für mangelnde Produktivität“ beschreibt, ihre Träume schriftlich festzuhalten, welche sie „produzierten“, wenn sie während der Arbeitszeit einschliefen. Neben einer Serie von Photographien, die das Projekt und seine Protagonisten dokumentieren, sind die Texte und Zeichnungen der Arbeiter in kleinen Holzkästchen enthalten und werden als Archiv präsentiert. Die Arbeiter, die in ihrer offiziellen, tatsächlichen Anstellung unproduktiv sind, werden als Träumer aktiv und nehmen daraus resultierend an einer anderen, vom Künstler organsierten Produktion teil.
In neueren Projekten, beschäftigt sich Melis mit der aktuellen finanziellen und ökonomischen Situation in Spanien. Dabei liegt der Fokus auf der existentiellen Bedeutung von Arbeit als Einnahmequelle in den neo-liberalen Wirtschaftssystemen Europas. Für die Installation The Best Effort (2013), die zum ersten Mal in der Kunsthalle Basel zu sehen sein wird, hat der Künstler in Spanien eine Werbekampagne für einen Arbeitsplatz in der Schweiz initiiert. Jeder Anruf eines Arbeitssuchenden an die von Melis angegebene Telefonnummer führt dazu, dass im Ausstellungraum ein Auszug aus einer Rede des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy zu hören ist. In dieser Rede, die der Premierminister am 4. November 2012 hielt, verkündete er die Schaffung von fünf Millionen neuen Arbeitsplätzen.
In The Value of Absence, erforscht Adrian Melis, der 2011 bereits an den zwei aufeinander folgenden Gruppenausstellungen How to Work and How to Work (More for) Less in der Kunsthalle Basel teilnahm, zwei gegensätzliche ökonomische Systeme, und die damit verbundenen drastischen Unterschiede in Bezug auf den Wert von Arbeit. Während die Projekte im ersten Teil der Ausstellung Untersuchungen der Bedeutung von Arbeit in Kubas Wirtschaft sind, wo Arbeit wenig mehr als eine Form von Zeitvertreib ist, beleuchten die Arbeiten, die sich mit dem Problem von Arbeitslosigkeit in Spanien beschäftigen, die Verbindung zwischen dem ökonomischen und dem symbolischen Wert von Arbeit und betonen die dramatischen Konsequenzen fehlender Arbeit für den Einzelnen.
Die Ausstellung wurde grosszügig unterstützt von der artEDU Stiftung.
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Adrian Melis (geb. 1985 in Havanna, Kuba) lebt und arbeitet in Barcelona, Spanien. Er studierte von 2005 – 2010 am Instituto de Arte (I.S.A.) auf Kuba und graduierte im Jahr 2009 mit dem Graduado de la Catedra de Arte Conducta bei Tania Bruguera. Zuletzt wurde Adrian Melis 2012 mit dem GAC Award im Museu d’Art Contemporani de Barcelona für die beste Ausstellung eines jungen Künstlers ausgezeichnet.
Einzelausstellungen (Auswahl): Nuevas estructuras de producción, ADN Galeria, Barcelona, Spanien (2012); MAS Santander, Santander, Spanien (2012).
Gruppenausstellungen (Auswahl): ARCO Fair, Madrid, Spanien (2013); EspaiDos, Terrasa, Spanien (2013); Casa Solleric, Fundació Palma, Espai d´Art, Palma de Mallorca, Spanien (2013); Arte40 Prize, selected artists. c arte c, Centro Arte Complutense, Universidad Complutense de Madrid, Spanien (2012); Arte Útil, kuratiert von Tania Bruguera und DEMOCRACIA Off Limits, Madrid, Spanien (2011); Experience Pommery #9 – La Fabrique sonore, Domaine Pommery, Reims, Frankreich (2011); Auditorium Moscow. A Sketch for a Public Space, Belie Palaty, Prechistenka 1, Moskau, Russland (2011); Somewhere Else, kuratiert von Direlia Lazo, galeria Noguerasblanchard, Barcelona, Spanien (2011); Swab, ADN Galeria, Barcelona, Spanien (2011); LOOP, ADN Galeria, Barcelona, Spanien (2011); How to Work (More for) Less, Kunsthalle Basel, Schweiz (2011); How to Work, Kunsthalle Basel, Schweiz (2011).