Der Schweizer Künstler Hannes Schüpbach (*1965, Winterthur) zeigt in der Kunsthalle Basel seine erste grosse Einzelausstellung in einem institutionellen Kontext. Schüpbach ist Filmemacher, Maler, Performancekünstler und Kurator für Filmprogramme. In ***Stills and Movies*** präsentiert er erstmals eine Kombination seines malerischen und filmischen Werks. Beide Medien sind untrennbar in seiner Arbeitsweise verbunden: Die Filme wie die gemalten Bilder sind zwei Sprachen, die Schüpbach aufnimmt, um die Hauptthemen seiner künstlerischen Beschäftigung, die Repräsentation von Zeit und Bewegung sowie die komplexen Prozesse von Erleben und Erinnern, zu formulieren.
Hannes Schüpbach studierte 1988-1991 an den Hochschulen für Gestaltung und Kunst in Zürich und Basel und hat 1992 ein Gastsemester in Cinema und Performance Studies (MA) an der New York University absolviert. Seine Professoren in Basel waren Werner von Mutzenbecher und André Lehmann, beide Leitfiguren der Experimentalfilm-Bewegung der 1970er und -80er Jahre in Basel. Ihre Arbeiten hatten einen wichtigen Einfluss auf die filmische Praxis des Künstlers. 1999 hat Schüpbach die Reihe Film direkt gegründet, welche monatliche Präsentationen von kuratierten Filmprogrammen im Filmpodium Zürich und im Ausland sowie Publikationen zu den gezeigten Künstlerfilmen beinhaltete. Hannes Schüpbach ist vor allem mit seinen 16mm Filmen bekannt geworden, welche er als Einzelpräsentationen oder in Teilretrospektiven beispielsweise im Kunstmuseum Winterthur (2003), im Centre Pompidou, Paris (2005) und an der Biennale de l’image en mouvement, Genf (2007) gezeigt hat. Im Frühjahr 2009 folgen Präsentationen im Museum Reina Sofía, Madrid und in der Tate Modern, London.
Seit dem Anfang seines künstlerischen Werdegangs hat sich Schüpbach intensiv mit Malerei beschäftigt: Er schuf grosse, zusammenhängende Bildserien, die an der Wand mit einfachen Farbkombinationen die physische Bewegung des Betrachters im Raum mit einbeziehen. Werke wie Exposition I (WECHSEL) (1992) und Exposition II (AKKUMULATION) (1993) fokussieren auf die Idee von „filmischen Formeln“, indem die genau ausgewählten Farbtöne der Leinwände in einen zusammenhängenden Rhythmus überleiten. In der Bildserie Exposition III (WENDUNGEN) (1995) wechseln sich helle und dunkle Farbfelder auf den einzelnen Leinwänden ab, welche sich weiter durch farbige Rahmungen in verschiedenen Breiten unterscheiden. Die sorgfältig konzipierten, zum Teil mathematischen Notationen folgenden Transformationen der wechselnden Farben und geometrischen Formen erhalten im Ausstellungsraum eine beinahe musikalische Qualität. Der Künstler umkreist in seinen Bildern auch das Interesse an der Musik der amerikanischen Komponisten John Cage und Morton Feldman sowie der klassischen indischen Musik, die aufgrund ihrer Fähigkeit, eine Gleichwertigkeit von aufeinander folgenden Augenblicken zu schaffen, eine wichtige Referenz für seine künstlerische Arbeit ist.
Die Untersuchungen der Darstellung von Bewegung führten Hannes Schüpbach Ende der 1990er Jahre vermehrt zum Medium Film, wobei Überlagerungen und Wiederholungen als Konstruktion von Erzählung eine wichtige Rolle spielten. Gleichzeitig hat sich der Künstler stark mit der malerischen Qualität von Bildmotiven und ihrer Darstellung im Film auseinander gesetzt: mit Aufnahmen von Faltungen, Drapierungen und ornamentalen Strukturen aus der Natur. Die Filme wie Winter Feuer (1999/2000), Spin (2001) oder Toccata (2002) nehmen Objekte aus dem Alltag, Fragmente von Landschaft oder Naturelemente wie Wasser und Sonnenlicht auf und stellen dabei das materielle und expressive Potential dieser Motive ins Zentrum. Die Bilder zeigen ohne Ton sich verändernde Materialien, die weiter durch die Montage transformiert werden: Eines der bedeutsamsten filmischen Mittel ist dabei die Verwendung der schwarzen, manchmal nur für Sekundenbruchteile andauernden Intervalle, welche die Bilder gleichzeitig voneinander trennen wie auch miteinander verbinden. Die Bildsequenzen folgen so den psychologischen und physischen Bedingungen unserer visuellen Wahrnehmung: Die Aufnahmen wiederholen sich mit kleinen Veränderungen, so dass der Betrachter jedes Mal seine Aufmerksamkeit auf ein noch nicht wahrgenommenes Detail lenken kann. Die Variationen in Schüpbachs Filmen verlaufen nie linear, sondern folgen einer eigenen Gangart, die sich schleifenartig verdichtet und wieder auflöst. In seinen neueren Filmen Falten(2005) und L’Atelier (2007) beschäftigt sich Schüpbach weiter mit künstlerischen Prozessen und der Position des Künstlers selbst, und nimmt in Verso (2008) verstärkt autobiografische Bilder auf.
In der Kunsthalle Basel präsentiert Hannes Schüpbach in vier Räumen des Erdgeschosses einzelne frühe Bilder, die Bildserien Exposition II und III (1993 und 1995) sowie auch die objekthaften Wandarbeiten Im Spiegel der Zahlen (1991) und Acceleration (Crowd-Cloud) (1995). Die Serien sind in engem Zusammenhang mit den bildnerischen und zeitlichen Eigenarten des Mediums Film zu sehen: der Technik der Montage und der Formulierung des Loops. Die auf wesentliche Elemente reduzierten Bilder können als eine abstrahierte Form der temporären und narrativen Struktur von Film wie auch von Musik lesbar werden. Die 16mm Filme von Schüpbach werden in der Ausstellung als wechselnde Filmprogramme in einem zu einem Kinosaal umfunktionierten Raum zu verschiedenen Zeiten gezeigt. Ausserdem wird der Künstler am 19. März 2009 zwei Performances zeigen: Die Feldman-Lesung (1998), ein komponierter Vortrag, und Sequenz (1996), in der eine Serie von weissen Porzellantellern mit aufgemalten Zeichen als ein filmisches Ereignis von Hand zu Hand durch das Publikum gereicht wird.
Zur Ausstellung von Hannes Schüpbach in der Kunsthalle Basel erscheint die Publikation Cinema Elements im Verlag Scheidegger & Spiess, Zürich; mit Texten in Deutsch und Englisch von Adam Szymczyk, Eleonore Frey, Philippe-Alain Michaud, Andréa Picard und Hannes Schüpbach. (CHF 59).
Vorführung der Filme in der Ausstellung
Eröffnung 24.1.09
19.30 h: Screening I
Täglich Filmvorführungen um 15h:
Dienstags: SCREENING I
Mittwochs: SCREENING II
Donnerstags: SCREENING III
Freitags: SCREENING I
An Wochenenden um 11.30 h, 15.00 h und 16.00 h
Samstags 11.30 h: SCREENING I
Samstags 15.00 h: SCREENING II
Samstags 16.00 h: SCREENING III
Sonntags 11.30 h: SCREENING II
Sonntags 15.00 h: SCREENING III
Sonntags 16.00 h: SCREENING IV
An Donnerstagen immer um 19.30 h:
Donnerstag 29.1.09, 19.30 h: SCREENING II
Donnerstag 05.2.09, 19.30 h: SCREENING III
Donnerstag 12.2.09, 19.30 h: SCREENING IV
Donnerstag 19.2.09, 19.30 h: SCREENING I
Donnerstag 26.2.09, 19.30 h: SCREENING II
Donnerstag 05.3.09, 19.30 h: SCREENING III
Donnerstag 12.3.09, 19.30 h: SCREENING IV
SCREENING I
L’Atelier, 2007, 16’
Falten, 2005, 28’
SCREENING II
Winter Feuer 1999/2000, 3’
Spin, 2001, 12’
Verso, 2008, 15’
SCREENING III
Portrait mariage, 2000, 9’
Toccata, 2002, 28’
SCREENING IV
Erzählung, 2007, 40’
Donnerstag, 19. März 2009, 19.30 Uhr
Stills and Movies live – Hannes Schüpbach
Feldman-Lesung (Performance), 1998
Sequenz (Performance), 1996
Flurin Cuonz, Cello. Musik für Cello solo von: Morton Feldman u.a.
Am 19. Februar 2009 um 18.15 Uhr zeigt Hannes Schüpbach im Filmpodium Zürich parallel zur Ausstellung Stills and Movies in der Kunsthalle Basel seine aktuellsten Filme L’Atelier (2007), Verso (2008) und Spin (2001); anschliessend findet die Buchvernissage von Cinema Elements statt.