Susan Hiller zählt zu den faszinierendsten und einflussreichsten europäischen Künstlerinnen der Gegenwart. Ihr kühnes und nachdenklich machendes Werk ist von Methoden aus der Konzeptkunst durchdrungen. Die Künstlerin greift zwar auf Systematisierungsformen wie Katalog und Verzeichnis zurück und verwendet scheinbar neutrale Formate wie „Sammlung“ oder „Aufzeichnung“, ihr Werk beschäftigt sich aber auch häufig mit stark idiosynkratischen Berichten ungewöhnlicher Personen und mit unheimlichen Phänomenen.
Wir freuen uns, in der Kunsthalle Basel die erste bedeutende institutionelle Ausstellung von Susan Hiller in Kontinentaleuropa zeigen zu dürfen. Die Ausstellung, die im letzten Jahr in anderer Form im BALTIC, Centre for Contemporary Art in Gateshead, England, gezeigt wurde, wird von James Lingwood kuratiert.Die Ausstellung ist keine Retrospektive, sondern eine repräsentative, zusammenhängende Auswahl aus Susan Hillers Arbeiten der letzten 30 Jahre, einschliesslich zweier wichtiger Ton-Installationen. Im Oberlichtsaal präsentieren wir Witness , 2000, eine vielsprachige Sammlung von Berichten über „unheimliche Begegnungen“ und anderen visionären Erfahrungen, die von anonymen Personen erzählt werden. In diesen Berichten verbindet sich die Wahrheit des Augenzeugen mit dem subjektiven Ausdruck des Glaubens, sowie mit kollektiven narrativen Strukturen des Unbewussten, mit Geschichten, die sich über viele Kulturen hinweg mehr oder weniger gleichen und von Generation zu Generation weitergegeben werden. Im letzten Raum im Erdgeschoss zeigen wir Clinic, 2004: Das Werk beschäftigt sich mit den Inhalten einer spezifischen Form menschlicher Wahrnehmung – der Nahtoderfahrung –, die die naturwissenschaftliche Wissenskonstruktion in Frage stellt. Bei der dritten Installation in Basel, PSI Girls, 1999, handelt es sich um eine monumentale 5-Kanal-Video-Installation, die Ausschnitte aus Hollywoodfilmen über junge Frauen mit übernatürlichen Fähigkeiten zeigt. Die Arbeit bezeugt den starken Reiz des Unbewussten, der noch in den klischeehaftesten Bildern zu spüren ist. Zu sehen ist ferner das oft zitierte Werk Dedicated to the Unknown Artists, 1972-1976, eine Sammlung von Ansichtskarten, die das stürmische Meer zeigen. Formal den bekannten Forschungs-, Klassifizierungs- und Indexierungsmethoden der Konzeptkunst verpflichtet, nutzt es die volkstümliche Bildersprache und entwickelt einen mehrdeutigen, romantischen Inhalt. Ähnlich zeigt auch Inside a Cave Home, 1983, Meeresansichten, gemalt auf grossen Reproduktionen einer Ansichtskarte mit dem banalen Motiv eines Wohnraums im australischen Outback.
Mit besonderem Stolz zeigt die Kunsthalle auch zum ersten Mal drei Fotografie-Serien aus The J-Street Project, 2003-2005, einem Zyklus, der anlässlich eines Aufenthalts der Künstlerin in Berlin als Gast des DAAD entstand. Bei diesem wichtigen Werk handelt es sich um die fotographische Erkundung deutscher Strassen – in Grossstädten und auf dem Land – in deren Namen das Wort „Jude“ erscheint. Die zusammengehörenden Serien Brandenburg Suite, Snow Scenes und Country Roads sind wie so häufig bei Susan Hiller Teil eines grösseren Projekts, das in einer Videoinstallation münden soll, an der die Künstlerin gegenwärtig arbeitet.
Die Ausstellung ist ein Gemeinschaftsprojekt des BALTIC, Centre for Contemporary Art, Gateshead, des Museu de Arte Contemporânea de Serralves, Porto, und der Kunsthalle Basel. Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog in deutscher Übersetzung.
Für die grosszügige Unterstützung danken wir:
Hilton Basel