präsentiert von Daniel Baumann und Robert Miller
Dirk Bonsma, Margaret Brundage, Goshka Macuga, Jean Paulhan par Johannes Gachnang, Plasmatics, Seth Price, Psychopathologie und bildnerischer Ausdruck / Psychopathology and Pictorial Expression (Aloïse Corbaz/Philippe B. Felmer/Erika O./Adolf Wölfli/Carlo Zinelli), Rammellzee, Michael S. Riedel/Dennis Loesch, Wuzz Buzzin‘
Lieber Daniel,
herzlichen Dank für Deine Einladung, bei der Gestaltung von Raum 5 in der Kunsthalle Basel mitzutun. Bevor ich zurück nach Chicago fuhr, habe ich den Raum nochmals besucht und war von seiner White Cube-Eleganz hingerissen. Was kann man mit einem Raum machen, der halb zu den Büros gehört und halb zu den Ausstellungsräumen? Es ist ein perfekter bi-Raum und ich schlage vor, dass wir ihn, wenigstens einmal, für die Lederfransen verwenden, für Werke und Projekte, die einem breiteren Publikum bekannt sein sollten. Ich werde Dir per seperater Post das Material für die Ausstellung schicken. Erweitere bitte meine Auswahl mit Dingen Deiner Wahl, was immer auch Sinn macht. Das Paket wird Arbeiten von Rammellzee, Plasmatics, „Psychopathologie und bildnerischer Ausdruck“ und Margaret Brundage enthalten. Du wirst den Raum wie abgemacht ohne mich installieren. Bitte mache es mit grösstem Respekt für den inneren Wert der Arbeiten.
Herzliche Grüsse an Adam und Anke und das ganze Kunsthalle Team,
Robert Miller
Lieber Bob,
herzlichen Dank für Deinen Brief und Deine Vorschläge. Von meiner Seite kommt hinzu: “Trailer Filmed Films”, von Michael S. Riedel und Dennis Loesch, das Fanzine „Wuzz Buzzin’“, Plakate und Flyer von Dirk Bonsma, Goshka Macugas Archivtisch, Seth Prices CDs („Soundtrax“, „Industrial Synth“, „New Jack Swing“) und das Emailschild mit Jean Paulhans Satz „Il est défendu d’entrer dans le jardin avec des fleurs à la main“ (hergestellt von Johannes Gachnang). Bitte schicke mir zu Margaret Brundage, „Psychopathologie und bildnerischer Ausdruck“, Plasmatics und Rammellzee die Kurztexte für die Broschüre.Du schreibst, dass wir den Raum für Werke und Projekte nutzen wollen, die einem breiteren Publikum bekannt sein sollten. Und ich füge an: die wir lieben und deren Sprache uns interessiert. Was wollen wir in Pressetext, Ausstellung, Broschüre usw. vermitteln? Auf den inneren Wert bestehen, wie Du sagst? Die Dinge sind da oder dort und wir sind der Meinung, dass sie anderswo auch sein sollten, in der Kunsthalle Basel. Obschon sie nicht für diesen Ort, für die Institution, bestimmt waren. Die Leute werden denken, es handle sich um eine repräsentative Auswahl und dass das Einzelne für einen grösseren Zusammenhang stehe. Für Crossover zum Beispiel, für die Nähe von Kunst und Pop, Kunst und Film, Kunst und Psychiatrie, für ein neues Interesse an was weiss ich. Sie werden Präsentation mit Repräsentation verwechseln wollen, und es soll uns nicht stören. Die Institution ist gezwungen, in jeder Hinsicht für die Repräsentation zu arbeiten. Die Kunsthalle muss als Ort auftreten, wo exemplarisch der heutige Geist weht und die aktuelle Kunst gezeigt wird. Für das Feuilltondenken und zum Überdecken der Machtbeziehungen, die im Guten wie im Schlechten eine Arbeit beherrschen und die uns so am Herzen liegen. Erinnerst Du Dich, wie wir dachten, dass Rezeptionsgeschichte und „Cultural Studies“ es uns ermöglichen würden, den Machtbeziehungen nachzugehen und sie angemessen darzustellen. Nichts als Regenschirme, wie ein Freund einmal anmerkte. Lassen wir es sein. Was bleibt, ist die Nähe zur Kunst, immer wieder.Ich glaube, dass uns dies Haim Steinbach und John Armleder seit 20 Jahre nahe legen. Und es bleibt die Frage, immer wieder, ob die ästhetische Zone eine zweite Heimat bietet, ob eine Arbeit in der ästhetischen Zone eine zweite Heimat findet. Dirk Bonsmas Posters für die Lombego Surfers, Lee Joseph, Dead Moon oder Bishop’s Daugther; “Psychopathologie und bildnerischer Ausdruck“ und die Werke von Carlo Zinelli, Aloïse Corbaz, Adolf Wölfli und Erika O.; Margaret Brundage’s Covers für „Weird Tales“; Rammellzee’s LPs und seine Buchstabentheorie; Plasmatics‘ Musik und ihr Sinn für Show und Authentizität; das Zine „Wuzz Buzzin’“. Auf jeden Fall werden die Arbeiten durch die Verschiebung in den Ausstellungsraum fetischisiert. Gut so. Was „Trailer Filmed Films“ von Michael S. Riedel und Dennis Loesch, Seth Prices CDs und Goshka Macugas Archivtisch auf ihre Weise zelebrieren. Also weniger Studienobjekt und Repräsentation, mehr Fetisch. Denn im Fetisch ist viel Stolz, Poesie und mehr Sex. Keine schlechte zweite Heimat.
Herzliche Grüsse auch an Richard und Sally,
Daniel Baumann — www.denver.cn