Die Kunsthalle Basel präsentiert die erste Einzelausstellung der georgischen Künstlerin Thea Djordjadze (1971, Tiflis) in der Schweiz.
Der Ausstellungstitel endless enclosure vermittelt das starke Bild eines weiten Horizonts, die paradoxe Formulierung ruft aber auch Alain de Lilles berühmte Beschreibung der mystischen Geometrie des Absoluten als „kosmische Sphäre, deren Mittelpunkt überall und deren Umkreis nirgends ist“ aus dem 12. Jahrhundert ins Gedächtnis. Ein Gedanke, der später in den Schriften von Giordano Bruno, Pascal, Nietzsche und anderen westlichen Philosophen, aber auch im Zen Buddhismus wiederholt wurde. Die Position des Betrachters in der Ausstellung wird durch eine Reihe variabler räumlicher Parameter beschrieben, da die Distanzen zwischen den Objekten und ihre relative Grösse mit der Bewegung des wahrnehmenden Subjektes variieren, während die endlose Umfriedung der umgebenden „Welt“ konstant bleibt.
Thea Djordjadze arbeitet vor allem mit Skulptur, doch hat sie auch schon Performances durchgeführt und war an Musikprojekten beteiligt. Für ihre Skulpturen verwendet sie häufig vergängliche, fragile, alltägliche Materialien, die aus einem häuslichen Vokabular stammen und auf Weiblichkeit hinweisen könnten, wie zum Beispiel Gips, Keramik, Silikon, Schwamm, Karton, Textilien und Seife. Die Regale, Geländer, Wände und Boxen, welche die skulpturalen Objekte stützen oder umgeben, sind einfache, aber zarte architektonische Strukturen aus Holz und Metall. Ihr Aussehen steht in starkem Kontrast zu den organischen Formen und „unvollendeten“ Oberflächen der bescheiden bemessenen Skulpturen, die an die Wände gelehnt sind, auf Regalen liegen oder von Geländern hängen. Diese passiv-aggressiven Anordnungen von Objekten, die gleichzeitig miteinander in Konflikt stehen und voneinander abhängig sind, erstellen eine kryptische und elliptische Referenz zu den Skulpturen der Klassischen Moderne. Die Zeichnungen und Aquarelle der Künstlerin sind oft Teile der Installationen, verdoppeln und erhöhen deren expressive Wirkung und betonen ebenso den fragmentarischen, unfertigen Status der Arbeiten. Sie sind weder vorausgehende Skizzen künftiger dreidimensionaler Arbeiten noch Studien bereits existierender Skulpturen oder autonomer Werke. Es ist, als wären die Skulpturen lebende Körper, die eine endgültige Form angenommen hätten, in der sie für einen Moment bewegungslos verharrten – während die Zeichnungen von dieser temporären Erscheinungsform Notiz nähmen.
Der Übergangscharakter dieser skulpturalen Arbeiten wird in der Installation der Kunsthalle Basel durch den Einbezug spezifischer existierender kultureller Artefakte verstärkt. Thea Djordjadze wählte aus der Sammlung von Richard Hersberger in Muttenz Teppiche aus, die von Nomaden in verschiedenen Regionen der Welt geknüpft wurden. In der Kultur der Nomaden fungieren die reich verzierten Teppiche als Statussymbole und als abstrakte Aufzeichnung der persönlichen und sozialen Geschichte ihrer Hersteller und deren Familien. Ausserdem erfüllen sie einen praktischen Zweck, indem sie die Möbelstücke sesshafter Völker ersetzen. Teppiche bezeichnen ein Zuhause auf Zeit: ein beweglicher Ort in der endlosen Umfriedung.
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Die Ausstellung wurde grosszügig unterstützt von Martin Hatebur.
Weitere Unterstützung wurde von der Galerie Sprüth Magers, Berlin/London zur Verfügung gestellt.
Thea Djordjadze war an der Lyon Biennale (mit Rosemarie Trockel, 2007) und der Berlin Biennale (Neue Nationalgalerie und Skulpturenpark Berlin Zentrum, 2008) beteiligt. Sie hatte wichtige Einzelausstellungen im Studio Voltaire in London (Possibility Nansen, 2006) und im Kunstverein Nürnberg (2008, mit umfangreichem Katalog). Sie war Mitglied des Künstlerkollektivs hobbypopMUSEUM (1999-2003) und hat ausserdem Ausstellungen kuratiert (u.a. Salome Machaidze, Emma Nilson, Michail Pirgelis in der Galerie Micky Schubert, Berlin, 2008).